Immersion (lat. immergere, „eintauchen“) bezeichnet sowohl den Prozess des Eintauchens wie auch den Zustand des Eingetauchtseins. Übertragen auf die unterschiedlichsten Anwendungsfelder wie zur Beschreibung der vertieften Lektüre eines Romans, des kinästhetischen Nachspürens eines Films, der inkorporierten Teilnahme an einem Computerspiel qua Avatar, der multisensorischen Involvierung in eine Theaterinstallation oder des technologisch vermittelten Eintritts in eine virtuelle Realität weist der Immersionsbegriff stets auf eine spezifische Relation zwischen wahrnehmendem Subjekt und wahrgenommener (narrativ, imaginär oder digital vermittelter) Umgebung hin. Während die transdisziplinäre Immersionsforschung diese (Rezeptions-)Spezifik vornehmlich als Moment der Grenzverwischung (zwischen passiv/aktiv, Subjekt/Objekt, Realität/Vorstellung etc.) ausgelotet hat, wurde im SFB an der Schnittstelle zwischen Philosophie, Sozialtheorie und Theaterwissenschaft eine dezidiert affekttheoretische Definition von Immersion vorgelegt, die für die Beschreibung weitergehender sozial-relationaler Konstellationen greift.
Immersion wird demnach als eine spezifische Form affektiver Relationalität begriffen, genauer: als ein Modus der Vereinnahmung. In verschiedenen affektiven Arrangements kann es zu Situationen kommen, in denen das Vermögen einzelner Akteur:innen zu affizieren und affiziert zu werden aufgrund ihrer individuellen Involvierung – die wiederum von institutionellen, diskursiven und biografischen Prägungen und affektiven Dispositionen abhängt – kurzfristig auf eine Weise moduliert wird, dass Handlungs- und Reaktionsspielräume plötzlich verengt erscheinen. Immersion, verstanden als eine auf Vereinnahmung abzielende Qualität des Eingebundenseins in relationale Affizierungsdynamiken kann auf diese Weise auch als eine Form der Macht, der Mikro-Gouvernementalität, beschrieben werden. Emotions- und affektbasierte Regierungs- und Subjektivierungstechniken in post-disziplinären soziokulturellen Gefügen – in Arbeitswelten wie auch in populären Unterhaltungs- oder Workshopformaten – lassen sich demnach sozialtheoretisch auch als Formen immersiver Macht erläutern. Dabei wird ein produktiver Machtbegriff in Anschlag gebracht, der nicht nur die Beziehung zwischen Subjekt und Umgebung, sondern auch das jeweilige Verhältnis des Subjekts zu sich selbst in der affektiven Beteiligung der situativen Vereinnahmung adressiert.