Affektives Arrangement ist ein für die Zwecke des SFB geprägtes Konzept zur Konkretisierung und Operationalisierung von affektiver Relationalität. Ein affektives Arrangement ist eine lokale Anordnung heterogener Elemente – Personen, Räume, Objekte, Technologien, Medien etc. –, die menschliche Akteur:innen und nicht-menschliche Entitäten in einer charakteristischen Dynamik wechselseitiger Affizierung verbindet. Affektive Dynamiken entstehen hier im Zusammenspiel des Affizierens und Affiziertwerdens mehrerer Individuen und Objekte in bestimmten situativen Rahmungen. Dabei lassen sich die Affekte nicht den einzelnen Individuen, sondern ihren dynamischen Interaktionen zuschreiben. Affektive Arrangements bilden eine wichtige Betrachtungsebene in der Erforschung der Affektivität in sozialen Räumen, Kollektiven und medialen bzw. technologisch formierten Umgebungen. Exemplarisch dafür sind Sportarenen, Theatersäle und Großraumbüros, aber auch das häusliche Setting einer Familie oder die Benutzerinterfaces digitaler Medien, Spielkonsolen oder Glückspielautomaten.
Die Analyse affektiver Arrangements kombiniert die Betrachtung situativer Affizierungsdynamiken mit der Untersuchung längerfristig stabilisierter Interaktionsweisen, so dass auch die Zeitlichkeit und insbesondere die Geschichtlichkeit von Affekt in ihrer Komplexität adressierbar werden. Affektive Arrangements wirken situativ prägend und aktivierend, ohne rigide Raster der Fühlbarkeit vorzugeben. In affektiven Arrangements können bestimmte Ausdrucksformen und Artikulationen besonders zur Geltung kommen, aber auch unterdrückt, ausgeblendet und in die Latenz verdrängt werden. Daher sind die Einrichtung, Justierung und Transformation von affektiven Arrangements wichtige – oft umkämpfte – Faktoren in der Ausgestaltung von Gemeinwesen. Die Interdependenz zwischen individuellen affektiven Dispositionen und affektiven Arrangements ist eine wichtige Analysedimension im Hinblick auf Fragen des sozialen und politischen Wandels, nicht zuletzt mit Blick auf Formen institutioneller Affektivität.
Das Konzept ist angelehnt an den Begriff des agencement in der Philosophie von Deleuze und Guattari. Dieser – wahlweise auch als Gefüge, Verkettung oder assemblage übersetzte – Begriff ist seinerseits eine Umbildung von Sigmund Freuds Begriff des „Komplexes“. In ihrer Ausarbeitung versetzen Deleuze und Guattari das agencement aus der psychischen Innerlichkeit des Individuums in die sozialräumliche Umgebung, dennoch bleibt der Sinn für psychologische Idiosynkrasien in dem Begriff lebendig. Ebenso bestehen Parallelen zwischen dem affektiven Arrangement und Foucaults machtanalytischem Konzept des Dispositivs. Angelehnt daran verstehen wir affektive Arrangements als Analyseeinheit in der Erforschung von lokalen Machtwirkungen jenseits einer simplen Gleichsetzung von Macht mit individueller Handlungsfähigkeit (affektive Praxis). In der Arbeit des SFB ist dieses Konzept unter anderem auf die Affektivität von Gerichtsverhandlungen, auf das Setting und Prozedere psychologischer Gruppentherapien, auf Platzbesetzungen durch politische Protestbewegungen, auf Aufführungen des immersiven Theaters sowie auf aktivierende Arbeitsumgebungen in der New Economy angewendet worden.